oehring.net > Die Höchberger Quellen > Inhaltsverzeichnis > Fund eines Bleirohres im Bereich der Festung Marienberg
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Von vier Fundstellen der alten Wasserleitung wird in der Höchberg Geschichtsschreibung berichtet.
Irgendwelche Fundstücke sind nicht erhalten. Erhalten ist nur die zeichnerische Darstellung einer 1944 gefundenen röhrenförmigen Schutzschale für das druckempfindliche Bleirohr und einem dazu passenden Deckel. Das Fundstück selbst ist verschwunden.
Umso erfreulicher, im Bereich der Festung konnte 2003 die alte Leitung im Original entdeckt werden. Zu verdanken ist dies einem aufmerksamen Gartenpächter auf dem Niederwall.
In den 90er Jahren fanden Mauersanierungsmaßnahmen im Bereich der Bastionen Bellona und Mars sowie der dazwischenliegenden Kurtine statt. Nach Abtragung einer etwa 0,6m starken Schicht der Mauerschale kam ein Rohr zum Vorschein, das in einem gemauerten Leitungskanal in der Tiefe hinter der Mauer verschwand.
Beim Aufziehen der neuen Mauerschale wurde erfreulicherweise durch eine Aussparung im Mauerwerk ein Zugang zum Rohr offen gelassen. Der Anfang des Rohres lag dann ca. 1,80m tief hinter der Vorderkante der Maueröffnung.
Zur genauen Untersuchung konnte der ca. 30 x 30cm große Kanal einmal ausgeleuchtet werden. Das Rohr, vermutlich ein Bleirohr, war 5 bis 6m zu sehen, bis es durch eine etwa 7%ige Steigung nach oben verschwand.
Mit einiger Mühe konnte ein kleines Stück zur Untersuchung abgeschnitten werden und es bestätigte sich, es war ein Bleirohr.
Die Maße des sichergestellten Rohres:
Ist das gefundene Bleirohr ein Reststück der ehemaligen Wasserleitung aus Höchberg?
Nach der ersten Erkundung und der Entnahme eines 26cm langen Rohrstückes taten sich
einige Fragen auf. Den Dimensionen nach konnte es nur ein Wasserleitungsrohr gewesen sein. Eine Überlegung war: Ist das gefundene Rohr ein Überbleibsel der historischen Wasserleitung? Das führte zu einem ganzen Fragenkatalog.
Die erste Frage galt dem Bleirohr selbst. Während mittelalterliche Bleirohre aus Bleiblechstreifen gefertigt waren, war das gefundene Rohr ein gegossenes.
Die Technik zum Gießen von Bleirohren gab es lange vor Stilllegung der Leitung. Bereits 1539 gelang dem Engländer Robert Broke die Herstellung von Bleirohren im Gießverfahren.
Nach 1539 war die Höchberger Wasserleitung noch mindestens 117 Jahre in Betrieb. In dieser langen Zeit, so ist anzunehmen, musste das Rohr sicherlich mal erneuert werden (z. B. wegen Kalkansatz). Dabei wurden dann Rohre verwendet, die nach der neuen Technik hergestellt waren.
Am schnellsten war der Richtungsverlauf des Rohres zu lösen. Wie festzustellen war, verläuft das Rohr von der Fundstelle mit einer 7%igen Steigung in Richtung Osten, zu den
Gebäuden auf dem Marienberg. In der Gegenrichtung zeigt das Rohr nach Westen zum Oberen Burgweg. Nur von dort kann die historische Wasserleitung gekommen sein.
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Abbildung 32: Richtungsverlauf der alten Leitung O = Oberer Burgweg, F = Fundstelle, E = Echterhof |
Der Steigungswinkel der Rohrleitung
Die Rohrfundstelle liegt 0,85cm über der Oberfläche des Niederwalls. Etwas Ratlosigkeit herrschte, liegt doch diese Oberfläche des Niederwalls 10 bis 12m über dem heutigen großen Parkplatz vor dem Niederwall. Bald war klar, dass beim Bau der mächtigen Bastionen, das Gelände in diesem Bereich total verändert wurde. Die Lösung: Vor den Bastionen bzw. dem Niederwall wurde ein Graben angelegt. Die endgültige Gewissheit brachten die Höhenpunkte (ü.NN), die das Staatliche Hochbauamt zur Verfügung stellte. Mit diesen Höhenangaben ließ sich die Steigung zwischen Oberem Burgweg und Echterhof rekonstruieren. Danach erstaunte nicht mehr die Höhe der Rohrfundstelle über den Parkplatz, sondern die Tiefe des Parkplatzes unter dem ehemaligen Gelände.
Die frühere Höhe des Oberen Burgweges dürfte sich etwa mit dem heutigen Niveau decken.
Das ergibt:
Die Strecke Oberer Burgweg – Fundstelle Bleirohr = 220m Die Steigung beträgt ca. 13 m = ca. 6% Die Strecke Fundstelle Bleirohr – Echterhof = ca. 160m Die Steigung beträgt ca. 13 m = ca. 8%
Die Zwischenstation "Bleirohrfund" passt gut in das Bild eines realistischen Steigungsverlaufs des Bergrückens Oberer Burgweg – Echterhof, vor dem Bau der Festungsmauern. Auf dieser Strecke verlief auch die ehemalige Zugangsstraße zur Burg.
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Abbildung 33: Längenprofil |
Wann musste die Wasserleitung stillgelegt werden?
Spätestens mit dem Bau der Bastionen Mars und Bellona mit der Kurtine dazwischen sowie dem Anlegen des Grabens davor, musste eine andere Lösung der Wasserversorgung der
Festung gefunden werden.
1655 wurden die beiden mächtigen Bastionen Mars und Bellona, die der Verteidigung nach Westen dienten, fertig gestellt. Der Bau des Niederwalls und der Kurtine zwischen Mars und Bellona folgten 1672/73. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte die Leitung noch in Betrieb gewesen sein. Wie wurde dann die Festung mit Wasser versorgt?
Durch den Bau der Oberen Mainmühle bei der Burkarder Kirche in Würzburg 1653/54, konnte die Wasserversorgung auf eine andere Art erfolgen. Ein durch Wasserkraft angetriebenes Pumpwerk versorgte nun bis 1924 die Festung mit Wasser. Der genaue Zeitpunkt der Inbetriebnahme ist nicht überliefert. Als durch den Mauerbau im Westen der Festung die Leitung unterbrochen werden musste, gab es dort sicherlich keine Wassernot.
Das Ergebnis der Fragestellung: Geländeprofil, Richtung und zeitliche Abläufe der Bautätigkeit in dem fraglichen Bereich der Festung lassen die Aussage zu:
Die entdeckte Rohrleitung ist ein Reststück der historischen Wasserleitung aus
Höchberg.
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Abbildung 34: Maueröffnung in der Kurtine zwischen Mars und Bellona auf dem Niederwall. Links die Südflanke der Bastion Bellona. Hier ist der Leitungskanal mit dem Bleirohr einsehbar. Abbildung 35: Bleirohr im gemauerten Leitungskanal Abbildung 36: Bleirohr im gemauerten Leitungskanal Abbildung 37: Das aus dem Leitungskanal entnommene Bleirohr Abbildung 38: Das aus dem Leitungskanal entnommene Bleirohr Abbildung 39: Informationstafel in der Sonnemannstraße 2011 wurden die unterirdischen Anlagen vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in die Denkmalliste der Gemeinde Höchberg eingetragen. Das nahm der Höchberger Verschönerungsverein zum Anlass, zwischen der Weed und dem Oberen Laufbrunnen eine Informationstafel aufzustellen. Abbildung 40: Oberer Laufbrunnen mit Informationstafel. Im Hintergrund die Weed. Abbildung 41: Aus den Überlieferungen von Martin Wilhelm Abbildung 42: Wassertrog vor dem Sommerhaus |
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