Im Bereich Brunnengasse - Sonnemannstraße in Höchberg liegt eine geschichtsträchtige Stelle.
Für das Auge ist nichts Besonderes zu erkennen. Aber zwei Laufbrunnen und eine kleine
Weed offenbaren das im Berg Versteckte. Es fließt noch Wasser aus den alten unterirdischen
Quellfassungen der Wasserleitung, die einst zur alten Burg führte. Drei in den Berg getriebene
Stollen führen zu den wasserführenden Schichten.
Nur durch das Anlegen dieser 11 bis 25m über dem Talboden liegenden Wasserstollen war es
den Würzburger Fürsten möglich, Wasser auf ihre Burg zu leiten.
Warum wurden die Wassersammler so hoch über dem Talgrund angelegt?
Der Talboden bei der Brunnengasse - Ecke Hauptstraße liegt nur ca. 1m über dem Niveau des
Burghofes. Hier war vermutlich früher eine Quelle. Dieser geringe Höhenunterschied zum
Burghof reichte nicht aus, um das Wasser dorthin zu leiten (Näheres wird später beschrieben).
Man musste versuchen, höher am Berg an Wasser zu kommen. Die hydrogeologischen Gegebenheiten
in Höchberg ließen dies zu. Eine wasserführende Tonschicht in höherem Gelände
südlich von Höchberg reißt am Berghang ab. Durch das Anlegen der Stollen wurde diese
Tonschicht erreicht und das dort austretende Wasser den Sammelbecken zugeführt, bevor es
in tiefere Schichten versickern konnte.
Im weiteren Verlauf der Beschreibung werden diese drei Stollen mit I, II und III bezeichnet.
Der höchstgelegene Stollen (ca. 292 ü.NN, im folgenden Stollen I genannt) liegt im Anwesen
Sonnemannstraße 42 auf Privatgrund und liefert heute noch das Wasser für den Laufbrunnen
und die Weed in der Sonnemannstraße. Im Weiterfluss fließt dieses Wasser die Kaskade in
der Brunnengasse hinunter. Die beiden anderen Stollen liegen am oberen Ende der Brunnengasse.
In nur wenigen Metern Abstand voneinander ziehen sie in den Berg. Der linke, bei der
Dorflinde beginnend, liegt auf etwa 281 m ü.NN (Stollen II). Rechts davon Stollen III, der mit
278 m ü.NN etwas tiefer liegt. Dieser Stollen III, obwohl erst 1985 bei Kanalarbeiten zufällig
wieder entdeckt, liefert heute noch das Wasser für den Laufbrunnen am unteren Ende der Brunnengasse.
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(Der beigegebene Katasterplan zeigt die genaue Lage dieser drei Stollen.)
In den Jahren 2002/2003 konnten diese Stollen zwecks Erstellung einer kompletten Vermessungsdokumentation
betreten werden. Zur Vermessung der Quellfassung Stollen I gab Herr
Max Halbig dankenswerterweise die Erlaubnis und Hilfestellung dazu. Die Quellfassung Stollen
II und III in der Brunnengasse, auf öffentlichem Grund gelegen, konnte mit Hilfe der zuständigen
Bediensteten der Gemeinde betreten werden. Zur Vermessungsarbeit konnte Herr
Dipl.-Ing. (FH) Elmar Hofmann aus Würzburg, der sich schon durch Dokumentation der
Kasematten und unterirdischen Gänge der Festung verdient gemacht hat, gewonnen werden.
Nun zum Inneren des Stollens I:
Über einen Einstiegsschacht gelangt man in die Tiefe. Eine niedrige Türöffnung mit einem glatten Sandsteingewände bildet den Zugang zum Stollen. Noch vorhandene eingemauerte Eisenteile in diesem Steingewände zeigen: Hier war früher eine Türe angebracht, zu der man wohl über eine Freitreppe gelangte. Der heutige Einstieg ist ein späterer Einbau.
Innen öffnet sich ein über 12m langer Stollen. Auf niedrigen Wänden sitzt ein Gewölbe, das
zwischen 1,30m und 1,60m lichter Höhe nur ein gebücktes Gehen erlaubt. Die anfängliche
Stollenbreite von 1,00m weitet sich auf 3,30m aus, um am Ende ein in den Boden eingelassenes
Wassersammelbecken mit den Ausmaßen 1,73m x 3,50m aufzunehmen. Bei einer Tiefe
von ca. 90cm fasst dieses Sammelbecken fast 5,5m3. Der Boden rings um das Becken
sowie das Becken selbst ist mit einer dicken Kalksinterschicht überzogen. Wie tief das Becken
einmal wirklich war, konnte nicht festgestellt werden. In den Stollenwänden rechts und
links des Beckens sind etliche große Maueraussparungen zum Einfließen des Wassers aus
dem Berg. Diese Öffnungen liegen heute trocken. Der Kalksinter am Boden zeigt aber: Hier
ist früher Wasser in das Sammelbecken geflossen.
In der rückwärtigen Abschlusswand des Stollens befindet sich eine kleine Türöffnung. Das
Steingewände lässt gerade eine Öffnung von 55 x 95cm. Diese Öffnung bildet heute den
Wasserzulauf des Sammelbeckens. Wer sich durch diese kleine Türöffnung zwängt, steht in
einem imposanten Gewölberaum, der Brunnenstube. 7,80m lang bei einer Breite von 2,40m
und einer Gewölbehöhe von 2,20m ein ansehnlicher Raum tief im Berg. Wiederum sind auf
der Höhe des Bodens Öffnungen im Mauerwerk für den Wassereinlauf. Heute kommt nur
noch aus einer einzigen dieser Öffnungen ein Wasserstrom. Von dieser Maueröffnung zieht
ein niedriger gemauerter Kanal noch tiefer in den Berg hinein. Ohne diesen Kanal wäre diese
Quellfassung heute vielleicht schon ganz trocken. Dieser Kanal knickt leider nach etlichen
Metern ab, so dass Länge und Richtung nicht festgestellt werden konnten.
Das Mauerwerk dieser alten unterirdischen Anlage ist in sehr gutem Zustand. Verwendet sind
Kalksteine aus Steinbänken, wie sie der Größe und Art nach auch in Höchberger Steinbrüchen
gebrochen wurden (ausgenommen die Türgewände und die Einfassungen von Maueröffnungen).
Ob der Bau des Ganzen in einer offenen Grube oder durch Aushöhlen des Berges entstanden ist, konnte nicht ermittelt werden. Heute speist Stollen I den oberen Laufbrunnen und die Weed in der Sonnemannstraße.
Nun zum Stollen II in der Brunnengasse:
Ins Innere gelangt man wiederum über einen Einstiegsschacht und steht dann in einem Stollen mit der beträchtlichen Länge von 18 Metern. Zweimal knickt er in seinem Verlauf ab. Verschiedene Höhen und Breiten sowie ein Höhensprung des Bodens von über einem Meter lassen vermuten, dass hier etliche Male umgebaut und erweitert wurde.
Beim ersten Knick, etwa fünf Meter nach dem Einstieg, verengen sich Breite und Höhe des
Stollens, so dass angenommen werden kann, hier war früher eine Türe angebracht. Dieses
erste kurze Stollenstück führte einst ins Freie, direkt in die Brunnengasse. Ein Schacht zum
Einsteigen war nicht nötig.
Nach weiteren fünf Metern steht man vor einem 1,20m x 1,50m großen, in den Boden eingelassenen
Wassersammelbecken, das die ganze Breite des Stollens einnimmt. Als Tiefe konnte
ca. 1,30m gemessen werden. Eingeschwemmter Schlamm verhindert eine genaue Maßermittlung.
Ehemals war das Becken ca. 2,45m tief. Die dem Einstieg zugekehrte Wand des Beckens
ragte ehemals 1,15m hoch aus dem Boden und ist heute zerstört. Wie an den Seitenwänden
rechts und links ersichtlich ist, wurde die 23cm starke Sandsteinquaderwand vollkommen
herausgeschlagen. Die rückwärtige Wand dieses ehemaligen Wassersammelbeckens
bildet einen Höhensprung von 1,15m, d.h. der Stollen setzt sich 1,15m höher fort.
Nach einem weiteren Knick folgen noch 9m und der Stollen endet in der 3 x 3m großen und
im Gewölbescheitel 2,70m hohen Wasserstube. Ein 1,80m x 0,50m großes, in den Boden
eingelassenes Wasserbecken ist zwar mit Wasser gefüllt, aus dem Berg dringt aber kein Wasser
mehr. Im Gewölbescheitel befindet sich eine 0,60 x 0,60m große Schachtöffnung. Der
Schacht führt etwa einen Meter nach oben und ist dann verschlossen. Die Funktion dieser
Gewölbeöffnung ist unklar. Nur mit einer langen Leiter wäre es möglich gewesen, hier einzusteigen.
Auch das 1,80 x 0,50m große und nur 0,40m tiefe Wasserbecken gibt Rätsel auf.
Wie schon erwähnt, scheinen die einzelnen Bauteile erst nach und nach errichtet worden zu sein.
Zuletzt nun das Innere des Stollens III:
Wie schon erwähnt, wurde dieser Stollen erst 1985 durch Zufall wieder entdeckt. Über einen damals angelegten Einstiegsschacht gelangt man jetzt in die Tiefe, um nach knapp 6m auf der Sohle des wasserführenden Stollens zu stehen. Ein von der Decke bis zum Boden feuchter Gang tut sich dann auf. Das Wasser steht bis zu 60cm hoch, was die Vermessung der Anlage sehr beschwerlich machte. Am Ende des auf seiner ganzen Länge leicht abfallenden Stollens sammelt sich das Wasser und wird weit zurückgestaut. Dieses Wasser speist heute den Laufbrunnen am unteren Ende der Brunnengasse.
Die Gesamtlänge der Anlage hat beträchtliche 33m, wovon ein Drittel durch Wasserrückstau
überflutet ist. Die Breite des Ganges liegt zwischen 0,50m und 0,60m, die Höhe bei 1,30m.
Die Wände sind aus Naturkalkstein gemauert, während die Abdeckung aus dicken Kalksteinplatten
besteht. Durchwegs sind diese Platten 0,40m bis 0,50m breit. Vom tiefsten Punkt, in
der Brunnengasse gelegen, zieht der Stollen bergauf bis in den Bereich Sonnemannstraße.
Dort knickt er in Richtung Kister Straße ab und endet als kleine "Kammer" mit den Ausmaßen
1,00 x 1,20m bei einer Höhe von 1,95m.
Wasser tritt hauptsächlich im Bereich der Abwinklung des Ganges, von bergseits kommend,
aus den Maueraussparungen hervor. Im Bereich des stehenden Wassers ist der Boden stark
verschlammt. Im Bereich des fließenden Wassers erkennt man rote Sandsteinplatten als Bodenbelag,
ohne die übliche Kalksinterschicht. Vermutlich wird das Ansetzen des Kalks durch
den feinen Schlamm, der mit eingeschwemmt wird, verhindert.
Der Stollen war sicher früher nicht unbekannt, denn zwei alte Schächte sind noch zu erkennen.
Vermutlich wurden diese Zugänge vor langer Zeit bei Bauarbeiten verschlossen und alles
dann vergessen. Martin Wilhelm (1869 - 1945), der viele Gegebenheiten aus dem alten Höchberg
aufzeichnete, erwähnt nirgends diese Quellfassung.
Was ist über die Quellfassungen aus Geschichtsquellen noch bekannt?
Nach dem Bericht des stets zuverlässigen Michael de Leone wurde die Wasserleitung zur Burg während der Regierungszeit Fürstbischof Gottfrieds III. von Hohenlohe (1317 - 1322) erbaut. Anschließend folgt eine lange Zeit ohne Erwähnung der Leitung. Zwischen 1320 und 1525, also über 200 Jahre, gibt es keinerlei Nachrichten über die Quellen in Höchberg, noch über die Leitung zur Burg und deren Wasserversorgung. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Die erste Nachricht nach dieser langen Zeit besagt, dass im Bauernkrieg 1525 der "Bronnen" in Höchberg beschädigt wurde.
Überliefert ist ein Werkvertrag aus dem Jahr 1534. "...Meister Berthold, ein Meister aus
Gemmingen, soll die Wasserstube, so gut er kann, selber machen." Auch soll er alles Wasser
am Berg sammeln, "...damit das Wasser desto sterckher seinen Fluß herein haben möge."
Eine Wasserstube soll gebaut werden, heißt es da, obwohl die Leitung schon 200 Jahre bestand.
Das gestiegene Wasserbedürfnis der in dieser Zeit schon "Schloss" genannten Burg
wird Veranlassung dazu gewesen sein. Wie aus anderen Werkverträgen aus den Jahren
1535/37 bekannt ist, wurde die Leitung auf der Burg vom Vorhof in den Innenhof verlängert
und sogar ein "Prestigeobjekt" mit dem Wasser betrieben, ein zu dieser Zeit wegen der Höhe
über der Stadt viel bestaunter "Spritzbrunnen". Nochmals hören wir von der Höchberger Leitung
bei Ignatius Gropp. Er schreibt: "...zu welchen hernach (Anm. dem Bronn in Höchberg)
Bischof Julius (1573 - 1617) noch ein Quellen gebracht hat".
Am Berg oberhalb der Quellfassungen weiß man von zwei gemauerten Brunnenschächten.
Der eine, an der Straßenecke Am Judengarten / Am Reele gelegen, ist noch erhalten und mit
einem Deckel verschlossen. Bis 1937 war hier zur Wasserentnahme eine Schwengelpumpe
montiert. Von einem Brunnenschacht in der Quellenstraße können Anlieger noch berichten,
der aber bei Bauarbeiten nicht beachtet wurde und heute verschüttet ist. Es ist durchaus möglich,
dass diese gemauerten Brunnenschächte dem Stollen I Wasser zuleiteten und von Bischof
Julius Echter angelegt wurden. Weitere Nachrichten über die Höchberger Quellen gibt
es nicht.
Angestrebt wurde noch eine Datierung der Entstehung dieser drei Wasserstollen. In der Geschichtsschreibung
ist darüber nichts zu finden. In den Stollen und Wasserstuben sind keinerlei
Jahreszahlen hinterlassen. Bauteile, die auf einen bestimmten Zeitpunkt der Entstehung
hindeuten würden, sind nicht vorhanden. Einzelne Bauteile, wie Türgewände mit unterschiedlichem
Profil oder Mauerwerk ohne Mauerverband, lassen die Aussage zu, dass mehrfach
umgebaut oder vergrößert wurde. Welcher Zeitraum für die Umbauten infrage käme, bleibt
im Dunkeln.
Was entdeckt und dokumentiert wurde, waren einige Steinmetzzeichen (siehe Anhang). Die
Hoffnung, dadurch die Entstehungszeit der Stollen ermitteln zu können, zerschlug sich. Alle
Zeichen lassen sich nur der Zeit nach 1600 zuordnen, einer Zeit, da höchstens noch Umbauten
an den Stollen stattfanden. Ob noch Umbauten nach Stilllegung der Leitung zur Burg von der
Gemeinde Höchberg vorgenommen wurden, ließ sich nicht feststellen.
So ist eine zeitliche Einordnung der Entstehungszeit nur aufgrund von wenigen vorliegenden
Fakten möglich. Dieses wären die Eindrücke über Bauart, Grundriss und Höhenlage der drei
Quellfassungen. Einfließen aus geschichtlichen Quellen kann wenig.
Stollen III, erst 1985 bei der Neugestaltung der Brunnengasse entdeckt, soll als erster eingeordnet
werden. Es scheint nach Bauart und Lage die älteste Quellfassung zu sein. Der einfache
gemauerte Gang mit Steinplattenabdeckung ist vermutlich die um 1320 erbaute erste
Quellfassung für die Wasserleitung zum Marienberg.
Stollen I scheint jüngeren Datums zu sein. Das gemauerte Gewölbe der ganzen Anlage und
das große Wassersammelbecken - alles zeigt sich großzügiger als Stollen III. Hier darf vermutet
werden, dass dieser Stollen im Wesentlichen aus dem Jahre 1534 stammt, als "Meister
Berthold" eine neue Wasserstube bauen sollte. Noch einen Vorteil hat diese Quellfassung, sie
liegt höher am Berg, was gegenüber Stollen III eine Wasserdruckerhöhung von ca. 1,4 bar
erbrachte.
Nun noch zu Stollen II. Nur wenige Meter neben Stollen III liegend, ist er am schwierigsten
einzuordnen. Warum hat man diesen aufwendigen langen Stollen neben dem alten errichtet?
Hat doch der alte, viel tiefer im Berg liegenden Stollen III, sicherlich so zuverlässig und reichlich,
wie er es heute noch tut, Wasser geliefert. War er zur Wasserversorgung der Höchberger
Bevölkerung notwendig geworden, als die Würzburger Fürsten noch Wasser ableiteten? Zu
Zeiten der Wasserleitung zum Marienberg bestand Höchberg schon aus einer größeren Anzahl
Wohnhäusern. In den Jahren um 1370 wurde Höchberg zur Pfarrei erhoben.
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Wurde die Wasserstube des Stollens II eventuell privat genutzt, da sie bis zum Abriss eines Anwesens
1995 auf Privatgrund lag? Nutzung und Alter dieses Stollens sind völlig unklar. Vielleicht
kommt es später einmal zur Lösung anstehender Fragen.
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